Gerade sitze ich hier bei Baguette, Schinken und einer Dose Kaviar und verfasse meinen neusten Bericht über eine Reise im größten Land der Welt. Den „Kaviar“ habe ich sehr günstig in einem Supermarkt gefunden und als ich ihn ganz stolz meinem zeigte, schüttelte der nur mit dem Kopf. Die Dose habe ich für 50 Rubel (70 Cent) erworben und es ist ein aus Fischdingsbumms hergestelltes Imitat. Falscher Kaviar (Lachseier) wäre für ca. 2-4 Euro zu haben gewesen und der Gute für 24.
Nishnii Novgorod hat mir sehr gut gefallen. Die Stadt hat knapp 2 Mio. Einwohner. Es gibt viel zu sehen, tolle Restaurants, prima französische Kaffees (mit ebensolchen Preisen), eine tolle Landschaft, einen schönen Kreml und: zu Ausländern sehr freundliche Menschen!
Ich wohnte bei Freunden (A. und A.), die ich bereits seit dem Jahr 2000 aus Köln kenne und mit denen ich bereits mehrere Urlaube, beispielsweise in Spanien, verbracht hatte. Zu meinem Unglück können sie viel zu gut Deutsch, was mir beim Russisch lernen nicht entgegen kam. Mit ihren Kindern, Freunden und Geschäftspartnern konnte ich aber ausgiebig üben.
Bei meiner Ankunft am Freitag holte mich A. mit dem Auto ab. Er betreibt mit einem Partner eine Marketingagentur, die wir besuchten. Dort saß ich auf einem Sofa und schlief schnell ein. Dann leckeres Essen in einem „Kaffee“ (Essen wie im Restaurant aber schlichtere Einrichtung – typisch für Mittagstisch oder Abendessen für Berufstätige). Danach luden sie mich zu einer Schiffsfahrt ein, bei der ich gut die Landschaft und die Gegend betrachten konnte. Dort fanden sich etwa 10 ihrer Freunde ein, die mich teilweise schon aus o.gen. Urlauben kannten um mich zu begrüßen. Alle waren mit ihren Kindern gekommen, alle waren Russen, ich konnte prima üben und lernen. Leider war ich saumüde, weil ich in Moskau früh aufgestanden war, um staufrei zum Bahnhof zu kommen. Die Fahrt hatte 4 Stunden gedauert. Mein Sitznachbar bot mir Schokolade an und wir rauchten gemeinsam in den kurzen Pausen. Mit ihm reisten Frau und Tochter. Er führte mir auch dem Tablett Videos des Kindes vor, wie sie in Sotschi bei der Olympiade beim Eiskunstlauf teilnahm. Zwar nicht als Wettkämpferin, jedoch in einer Show zur Eröffnung in den Pausen. Mein Russisch war letzten Freitag noch nicht ausreichend und hat sich nun so gebessert, dass ich jetzt vermutlich alles verstehen würde. Das Vorführen von Videos oder Bildern der Kinder scheint typisch in Russland zu sein.
Bei der späteren Schiffsfahrt, jetzt wieder zurück in Nishnii Novgorod, fragten mich einige, ob mir die Aussicht und die Landschaft gefallen. Es ist sehr interessant, eine Stadt zum ersten Mal zu sehen. Wahrscheinlich kann man nie wieder so objektiv sein, wie bei diesem ersten Mal.
Die hüglige und bewaldete Landschaft um Nishnii Novgorod gefiel mir natürlich, auch, wenn dort einig Industrieruinen und alte Fabriken zwischen den Dörfern zu sehen war.
Ein Bekannter war gar nicht meiner Ansicht und fand andere, einsamere Landschaften an der Wolga wesentlich schöner. Wie die meisten schätzte auch er nicht das nahegelegene. Er war der gleichen Meinung. In dieser Stadt fließen Wolga und Oka ineinander, was einen Teil der herrlichen Aussicht, die man auch vom Kreml aus genießen kann, ausmacht.
Ausstellungen, wie sie Valerie beschreibt, gibt es hier zuhauf. So auch in dieser Stadt – Bilder folgen – und ihre häufige Wiederholung scheint die Augen der Menschen dafür abzustumpfen. Waffen, die in Afghanistan benutzt wurden, sieht man kaum ausgestellt.
An meinem letzten Tag in Nishnii Novgorod stand ich bei meiner Zigarettenpause vor einem Einkaufszentrum, vor dem eine riesige Reklametafel hing. Dort lief gerade ein martialisches Video, in dem die Notwendigkeit der Landesverteidigung angepriesen wurde. Seit etwa einer Woche kann ich ja bereits etwas Russisch lesen. Unter dem Video stand etwa: „Wenn wir nicht unser Land verteidigen….wer dann?!“
Dazu lief ein wirklich eindrucksvolles Filmchen das fliegende Kampfjets zeigte, die Loopings machten und Raketen schossen, Hubschrauber im Einsatz, Panzer, die durch Wüsten fuhren und schossen, Soldaten, die in Nahkampfmanier ihre Gegner in die Knie zwangen – etwa durch Judogriffe oder Faustschläge…etc, etc. Das Filmchen war wirklich imposant und kurzweilig und passte zur Zigarette. Hollywood produziert so etwas seit Jahrzehnten ständig und nicht nur als „Rambo“.
Neben mir stand ein Mann, Mitte 30 und wir redeten etwas darüber. Beide befanden wir, dass Russland mit dieser Art von Krieg kaum etwas zu gewinnen hätte, ebenso wenig wie Deutschland. Unserem Land haben Kriege der letzten Jahre nichts als Ärger gebracht und den Russen ebenso. So schlimm patriotisch, wie mancher ihrer Anführer gerne hätte, sind Russen also gar nicht. Der berühmte 9. Mai (edit) ist hier ein Volksfest und feiern mögen Russen gerne. Diesmal geht es eben um den Sieg über unser Land - Pech gehabt. (Ende Edit)
Wie viele Menschen hier sprach auch dieser Mann sehr gut über Deutschland. Er hat unser Land einige Male besucht und es gefiel ihm.
Mein bisheriges Resümee: Russland ist super und hat sehr viel zu bieten! Russinnen haben weniger kurze Röcke als früher (..schade) und Menschen sind offen, hilfsbereit und kommunikativ. Betrogen werden Ausländer weder in Restaurant noch Kneipe. Kneipen sind teuer, Restaurants bezahlbar und sehr gut mit toller Bedienung. Russen sind geizig beim Trinkgeld aber großzügig bei der Wahl des Essens. Noch was: Auto fahren können sie nicht aber hupen, beschleunigen und bremsen.
Beim Motorrad scheinen einige sehr gerne am Gasgriff zu kleben. Erst gestern sah ich eine leicht zerstürzte R 6. Der Hinterreifen zeugte von einem Fahrstil weit jenseits der erlaubten 100 km/h in diesem Lande.
Ich komme wieder!