Vergleich CB500 gegen CB500F

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Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon Flyingbrick » 17.05.2024, 08:42

Ich hatte mal wieder Gelegenheit, eine 2014er CB500F (PC45) zu fahren, quasi den Nachfolger der CBF500 und damit "Enkel" der CB500.

Da ich auch schon alle Modelle der CB500 (auch "S") hatte und zwischendurch die CBF gefahren bin, hier ein paar Eindrücke.

Unverkennbar eine Honda, das war mein erster Eindruck. Wer von der CB500 oder einer anderen Honda kommt, wird wenig Mühe haben, sich zurecht zu finden, und nach wenigen Metern vergessen, überhaupt auf einem anderen Motorrad zu sitzen. Kam die alte CB noch aus Japan oder seit 1996 aus Italien, wird ihr Nachfolger in Thailand hergestellt. Befürchtungen, darunter würde die Verarbeitung leiden, muss niemand haben. Im Gegenteil, die Abgaskrümmer sind aus glänzendem Edelstahl, hier gibt es neidische Blicke vom rostgeplagten Alteisenfahrer. Auch sonst gibt es keinen Grund zur Beanstandung, weder bei der Lackqualität noch bei der Elektrik. Der Motorlack macht einen wertigeren Eindruck als beim alten Modell.

Sofort erkennt man die thailändische Herkunft an Armaturen und Schaltern, die so oder ähnlich auch an Modellen wie der CRF250L zu finden sind. Das LCD-Display ist in der Helligkeit regelbar und bietet neben digitaler Geschwindigkeitsanzeige, Balkendrehzahlmesser und Uhr auch winzige Anzeigen für Verbrauch und Reichweite. Diese während der Fahrt abzulesen, bleibt aber Adleraugen vorbehalten. Die Ablesbarkeit der alten Rundinstrumente erreichen ihre Nachfolger leider nicht, von der Geschwindigkeit mal abgesehen.

Bei den Schaltern gibt es ärgerlicherweise (auch hier wie bei der CRF) eine Umkehr der Anordnung von Blinker- und Hupenschalter. So prominent und groß der Hupenknopf ist, verdeckt er fast den darunter liegenden kleinen Blinkerschalter, den man ja deutlich öfter braucht. Intuitiv bedient man dagegen die Schalter aus Japan, bei denen die untergeordnete Hupe unten betätigt wird mit darüber liegendem Blinkerschalter. Doch die PC45 weiß mit Warnblinklicht zu überzeugen.

Starten wir den Motor, der nur noch in einer Leistungsversion, nämlich 48 PS aus 471 ccm angeboten wird. Fluch und Segen zugleich, A2-Inhaber brauchen nicht mehr drosseln, verlieren dafür aber wahrscheinlich früher die Lust an ihrer Honda als die Generation vor ihnen. Sofort fällt auf, dass dank Einspritzanlage der Motor sehr einsteigergerecht funktioniert. Es ist fast unmöglich, eine CB500F abzuwürgen oder im "falschen" Drehzahlbereich zu fahren. Enorm gutmütig schiebt sie ab Leerlaufdrehzahl an und bemüht sich auch zu früher Stunde, keinen Nachbarn mit ihrem leisen Antrieb aus dem Schlaf zu schrecken. Eigentlich müsste sie von Motorradfahrverboten explizit ausgenommen werden. Prädikat "nachbarschaftsfreundlich".

Erkennbar fehlt ihr allerdings auch etwas vom Pfeffer der PC26 am oberen Drehzahlende. Das merkt man gar nicht so sehr an den 10 km/h weniger Endgeschwindigkeit als vielmehr am verhaltenen Hochdrehen dort, wo die PC26 zeigt, dass sie eben kein reines Einsteigermodell sein will, sondern sogar auf Rennstrecken unterwegs ist. Ein Ansinnen, das die CB500F entrüstet ablehnt. You meet the nicest people on a CB500F, don't be evil.

Das Getriebe schaltet mit spürbar mehr Nachdruck, aber exakt und verlässlich. Die Übersetzung der beiden im letzten Gang ist identisch. Angesichts des roten Bereichs bei 10.500 Umdrehungen, bei beiden identisch, würde das im sechsten Gang rechnerisch für 210 km/h reichen, doch bei 171 geht der "F" die Puste aus. Doch warum hat Honda ausgerechnet der CB500F, für die von VH eine Tieferlegung um 20, 40 oder gar 60 mm angeboten wird und die gerade zierlichen Fahrerinnen gut steht, keine verstellbaren Handhebel spendiert? Das wäre das I-Tüpfelchen auf der Einsteigertauglichkeit.

Man sitzt ansonsten sehr bequem auf getrennten Polstern für Fahrer und Sozius. Auch hier wäre eine Höhenverstellung toll gewesen, wie sie die CBF600 bietet. Die 600er ist Frauen nämlich oft deutlich zu schwer. Die CB500F dagegen mit ihrer Sitzhöhe von 785 mm ist extrem leicht zu handlen, obwohl sie mit 192 kg vollgetankt nicht leichter als die CB500 ist. Allerdings bietet sie auch das modernere Fahrwerk, breitere Radialreifen und ein gut funktionierendes ABS. Und sie hat einen stattlich breiten Lenker, um das Schiff unter Kontrolle zu halten.

Ein wenig vermisst man das Staufach unter der Sitzbank des 20 Jahre jüngeren Nachfolgers. Konnte der CB500-Pilot seine Frühstücksbeutel unter der Sitzbank versenken, braucht sein Nachfolger schon den Tankrucksack.

Apropos Tank: 15,7 Liter soll "der Neue" fassen, 17 Liter "die Alte". Dafür soll der Verbrauch um rund 0,5 Liter niedriger sein, was unter dem Strich beide gut 400 km weit kommen lässt.

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40 mm tiefergelegt mit geänderter Federbeinaufhängung

Fazit

Sie macht verdammt vieles richtig, die CB500F. Leichter als mit ihr kann man das Motorrad fahren nicht lernen, obwohl sie nicht wirklich zu den Fliegengewichten zählt (eine deutlich stärkere Yamaha MT-07 ist acht Kilo leichter). Und so mancher gestandene CB500-Fahrer ist es satt, im Frühjahr seine Vergaser zu zerlegen, statt einfach los zu fahren. Wenn es ihr an etwas fehlt, dann spürbarer Charakter und ein wenig mehr Engagement beim Beschleunigen. Hier zeigt die CB500, wozu Alteisen der Tausend-Euro-Klasse noch heute fähig ist. Verstecken muss sie sich bestimmt nicht, auch wenn Goodies wie ABS auch Graubärten den Alltag leichter machen können. Ihre 10 PS Mehrleistung sind die Hot-Chili-Sauce auf der Bockwurst und erleichtern die Entscheidung, ihr auch nach Ablauf der Lehrjahre die Treue zu halten. Auf die nächsten zehn Jahre!
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon koesek » 17.05.2024, 09:57

Sehr schöner und interessanter Beitrag :up:

Wenn es die F als gutgemachte, bezahlbare Retro-Version mit 10-30 PS mehr und bis auf ABS wenig Schnickschnack gäbe, wäre sie eine feine Alternative bzw. Ergänzung zur PC26.
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon Reihenzweier » 17.05.2024, 12:47

Ich finde, in die heutige Zeit übersetzt, hat die Rolle der CB 500 die SV 650 übernommen. Eine absolut zuverlässige Maschine, die preiswert ist und alles bietet, was Motorradfahren ausmacht. Außer einem Hauptständer.
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon rednug » 17.05.2024, 15:42

Danke für die Ausführungen!
Ach ja - unsere gute alte CB :up:

Gruß Gunder
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon Flyingbrick » 18.05.2024, 14:32

Schnickschnack hat die CB500F absolut nicht. Sie ist genau wie unsere alte CB aufgebaut und hat eigentlich nichts Überflüssiges. Jedenfalls gilt das für das alte Modell mit dem LCD-Display.

Neulich habe ich eine Kawasaki Z650 gefahren, die eigentlich wegen ihres Reihenmotors mehr der CB ähnelt als eine SV650. Da sind es dann 68 PS. Auch sehr schön zu fahren.

24MY_Z650RS__RD1_STU__1_.png


Und die gibt es jetzt auch als bildschöne RS-Retroversion.
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon rednug » 18.05.2024, 21:59

Mmmm - aber ohne Hauptständer (ich möchte sowas an meinem Moped haben)

Gunder
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon Flyingbrick » 19.05.2024, 13:25

Ich glaube, da bist Du etwas oldschool...den findest Du heute etwa so häufig wie Kickstarter und Choke ;)
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon rednug » 19.05.2024, 13:50

Das mag sein - doch für eine solide Kettenpflege (vor allem unterwegs) eine oldschool praktische Hilfe ;) (und nicht nur dabei).
Ich sehe ja den Unterschied zur tiefergelegten GS 500 F meiner Gudsden - da ist der Hauptständer abgebaut.
Und Kettenöler ist nicht so mein Ding.

Und dies ist ja auch eines meiner "Problemchen" mit vielen aktuellen Modellen.

Gruß Gunder und noch schöne Pfingsten in die Runde
rednug
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon koesek » 19.05.2024, 15:29

Jo, so ein Hauptständer ist was Feines, möchte ich nicht mehr missen. Da bin ich bekennend oldschool, bequem und praktisch veranlagt.

Lösung, wenn‘s eine KaWa RS sein soll: einfach die Z900RS nehmen, die hat noch ein paar schöne Details, zwei Zylinder und ein paar Nm mehr plus einen kernigeren Sound. Ist zwar eine ganz andere Motorradliga, aber auch sehr hübsch und vor allem: sie lässt sich mit einem Hauptständer nachrüsten. Was sind schon 4000€ mehr 8)

Schöne Pfingsttouren euch allen!
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon Lumael » 21.05.2024, 08:26

Ja Hauptständer ist schon praktisch. Vermiss ich ein bisschen an meiner Triumph, besonders wenns um Kettenpflege geht. Ich hab mir halt so nen Motorradheber gekauft. Funktioniert auch, aber eben nur wenn man zuhause ist. Das afbocken ist ein bisschen Nervenaufreibend, wenn man es alleine macht...
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Re: Vergleich CB500 gegen CB500F

Beitragvon JUL » 01.06.2024, 00:14

Schöner Vergleichsbericht! Interessant das "unsere" alte CB viel bissiger ist wenn die Drehzahl steigt :D
Die Z650 RS-Retroversion ist in der Tat hübsch. Wenn da nicht die geschwungene Hinterradschwinge und der kurze Auspuff wäre. Das hätte man meiner Meinung bei einer Retro Version authentischer lösen können...
Ach ja, Hauptständer find ich auch wichtig^^
JUL
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