Ich fahre ja nicht eine CB, sondern gleich zwei, und hatte im Laufe vieler Jahre auch schon einige weitere. Darunter waren solche, die wie neu da standen, und andere, die auf dem letzten Loch pfiffen. Manche hatten bösartige kleine Fehler wie einen verstopften Benzinhahn. Andere hatten einfach nur bei jemandem "Dienst getan", der erkennbar mindestens zehn Jahre lang die Wartung vernachlässigt hat. Oder sie sind von einer Seite auf die andere gefallen, immer abwechselnd. Sie hatten als Vorbesitzer junge Heizer oder, auch das kam vor, einen Erstbesitzer Mitte 80. Manche fuhren astrein, andere sagten keinen Mucks.
Aber letzten Endes ließen sie sich immer wieder überreden, weiter zu fahren. Na ja, bis auf die, die der Vorbesitzer bei km-Stand 100.000 mit offenem Motorblock jahrelang in den Regen gestellt hatte. Aber selbst deren Kolben sind heute auf den Schreibtischen von Ufuk und Biggi noch ausgestellt. Ebenso die Kolben von Taxmans CB, der sie auf dem Rückweg vom Treffen leider an die Leitplanke setzte. Der eine fährt den Winter durch, der andere putzt sie bis in die letzte Ecke. Man sieht es ihnen an, aber fahren werden beide ohne Probleme. Eine Fahrschul-CB war dabei, mit kaum nachvollziehbarer Kilometerleistung, Sturzschäden rundum und einer toten Maus im Luftfilter. Ich nannte sie Trümmerlotte, habe den Luftfilter und das Öl getauscht, die Vergaser gereinigt und eine Batterie dran gehängt. Sie sprang sofort an.
Fakt ist: eine CB fährt genau so lange mit Dir, wie Du mit ihr fahren willst. Sie ist sparsam, geht auch nach vielen Kilometern kaum kaputt (jedenfalls nicht von allein) und, wenn doch, ist sie für eine Hand voll Taler wieder heile. Sie fährt mit Dir Brötchen holen, Blümchen pflücken oder Rasten kratzen. Sie lässt sich ohne Murren Koffer anhängen, zappelt vielleicht mal bei 70 kurz mit dem Vorderrad, um zu sagen "Hey, wenn ich schon Dein Gepäck schleppe, halte wenigstens meinen Lenker fest!". Aber selbst wenn Du Heißsporn Dir den Bart im Zündschloss einklemmst, um den neuen Forenrekord zu brechen, bringt sie Dich sicher wieder nach Hause.
Auf ihr haben unzählige den ersten Motorradmeter ihres Lebens gefahren -auch meine Tochter. Und das erste eigene Motorrad ist
immer das beste. Andere wollten es nach jahrzehntelanger Abstinenz noch mal wissen. Die CB hat es ihnen leicht gemacht. Bei manchem stand sie seit zehn Jahren. Du reinigst Tank und Vergaser, wechselst die Kerzen und sie läuft wieder. Ein CB-Motor ist billiger als ein Dichtsatz für Nachbars Vierzylinder, denn wer braucht schon Ersatzmotoren? Und wenn sie lachen, auf dem Treffen, weil es ja
nur eine Fünfhunderter ist: lass sie. Doppelt so viel Hubraum macht nicht doppelt so viel Spaß. Sie werden Dich damit immer unterschätzen, immer. Aber wenn sie ihren hundertneunziger Schlappen kaufen müssen, kostet der so viel, wie Du für drei Reifen zahlst. Und jeder Deiner drei Reifen hält doppelt so lange und ist in der halben Zeit ausgebaut.
Lass die anderen auf dem Treffen die ultimative Waffe fahren. Du hast das Schweizer Taschenmesser mit Korkenzieher, Pinzette, Säge und Zahnstocher, mit dem Du alles machen kannst und das seit zehn Jahren an der Kette vom Jeansgürtel hängt. Vor allem aber ist CB-Fahren etwas für Leute, die sich daran freuen können, dass die CB auch Raum für andere Dinge im Leben lässt. So teuer es als Fahranfänger ist, überhaupt zu fahren: irgendwann kommt der Moment, wo Du Dich fragst, was eigentlich all die Jahre mit der CB gekostet haben. Insgesamt, meine ich, vom Benzin bis zum Wertverlust. Dann wirst Du grinsen und feststellen, dass Du die ganze Zeit kostenlos gefahren bist, weil Deine CB viel weniger verbraucht hat als Dein Auto. Und nur wenig mehr als Nachbars schlitzäugiger, damals ebenso teurer Motorroller, der dafür aber nach 8000 km dem Tod näher als dem Leben ist.
Ich habe einen üblen Sturz mit meiner ersten CB hinter mir. Sie hat ebenso wie ich ein halbes Jahr gebraucht, ehe wir wieder hergestellt waren wie vor dem Unfall. Aber wir würden wieder da stehen wie vorher. Daran hatte ich nie Zweifel.
Darum fahre ich CB. Auch 2015 wieder, im achten Jahr.
